Predigt 3. So. nach Epiphanias - Pfarrerin Ulrike Wortmann-Rotthoff (24.01.2021)

aus Psalm 84:  Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth!  Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN;  Der Vogel hat ein Haus gefunden  und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen -  deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott.  Wohl denen, die in deinem Hause wohnen;  die loben dich immerdar.  Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild, der Herr gibt Gnade und Ehre.  Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.


Liebe Gemeinde!

„Frische Luft gegen den Corona - Blues!“ Was nicht nur die Apothekerzeitschrift empfiehlt, scheint in  unserer schönen Gegend längst von vielen Menschen beherzigt zu werden: Bewegen hilft. Spazierengehen hilft. Macht den Kopf und das Herz frei in diesen beklemmenden Zeiten.  Und da passiert noch viel mehr:


Ist Ihnen auch aufgefallen, dass selbst völlig unbekannte Menschen grüßen? Ein kleines „Hallo!“ und ein  kurzer Blick, als sei es in diesen kontaktbeschränkten Zeiten schon eine Wohltat, einem anderen  menschlichen Gesicht nur für einen kurzen Moment entgegenzulächeln. Ist es sicher auch. Es ist jedenfalls  zutiefst menschlich. Und ja: live und in Farbe ist das immer noch etwas anderes als in der – ganz sicher  wichtigen, notwendige und unerlässlichen – Zoomkonferenz.  „Grüß Dich- Hallo!“ – ein Moment der Begegnung.

Wie sehr wir uns danach sehnen, fällt mir auch bei unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden auf. Die  sind echt im Stress ( genau wie ihre Familien vermutlich ). Denn ja, tatsächlich: das fällt nicht jedem leicht,  beim „Distanzunterricht“ mitzukommen. Und das hat ja nicht nur technische Gründe. Das liegt bei jedem  Jugendlichen ganz individuell, da sind die familiären Hintergründe ganz verschieden und sicher auch  Lehrerinnen und Lehrer. 

Jedenfalls:  „Raumschiff an Erde - bitte kommen!“ war neulich meine digitale Nachricht an meine Konfirmandinnen  und Konfirmanden überschrieben. Ich habe von jedem Antwort bekommen. Toll!  Und dann den Seufzer natürlich auch. Ich kann mir schon denken, wie viereckig nicht nur die Augen  werden beim täglichen Distanzunterricht im Homeoffice am Bildschirm.   

Also: „Frische Luft gegen den Corona- Blues!“ wir starten in die nächste Runde zu den 10 Geboten mit  einer Rallye rund um die Stiftskirche in einem frei wählbaren Zeitfenster! Jeder für sich, höchstens zu  zweit, keine Ansammlungen, alles im sicheren Bereich, aber raus aus den eigenen vier Wänden. Das macht  den Kopf und das Herz frei in diesen beklemmenden Zeiten. Und es tut der Seele gut. Das fiel mir selbst  auf, als ich die Aufgabe zum 3. Gebot in der Kirche aufbaute: 

„Du sollst den Feiertag heiligen!“ – Heiligen? Wie geht das denn?  „Grüß Gott!“ sagen und das wörtlich nehmen. Und das auch tun. Den Konfirmandinnen erkläre ich es so:  „Heiligen“ bedeutet zum Beispiel: Für jemanden Beten. Das machst Du praktisch so: 

  • Zünde eine Kerze am Leuchter an.
  • Denk dabei intensiv an einen Menschen.
  • Überlege, was Du Gott von diesem Menschen sagen willst.
  • Leg‘ Gott diesen Menschen „ans Herz“.
  • Beende Dein Gebet mit dem Wort: Amen!

Als ich dann abends die Kirche abschloss, war ich genau wie in den letzten Wochen des harten Lockdowns  freudig überrascht: So viele Kerzen brennen. So viele Menschen kommen in unsere offenen Kirchen. So  viele Menschen machen Kopf und Herz und Seele frei in einer stillen „Kontaktaufnahme“: Grüß Gott!

Das ist im Moment nötiger denn je, damit wir die Fassung nicht verlieren. Die Form. Ganz praktisch: auch  die Tagesstruktur, die uns Sicherheit gibt. Im Lockdown fehlt uns manchmal Struktur. Man kann ja im  Homeoffice alles Mögliche jederzeit machen. Aber genau wie wir den Körper in Form halten, braucht auch  unsere Seele regelmäßige, vertraute Abläufe, die uns tragen. Dem Sonntag geben wir Form, wenn wir ihn  „heiligen“ mit einem wiederkehrenden, ganz persönlichen „Ritual“, das diesen Tag von anderen Tagen  unterscheidet.

Eine alte Dame erzählt beispielsweise: „ Ich habe mir jetzt angewöhnt, jeden Sonntag trotzdem zur  gewohnten Gottesdienstzeit zur Kirche zu gehen. Ich weiß, dass da kein Gottesdienst ist. Ich gehe trotzdem  hin und setze mich, spreche mein Vaterunser. Und danach mache ich meine übliche Runde und dann geht  es mir besser.“

Darum heißt meine Einladung an Sie alle an diesem Sonntag: Grüß Gott! Denn Gott, der Herr ist Sonne und Schild.  Und wer weiß – vielleicht haben Sie auch besonderes Glück, wenn Sie am Wochenende in eine unserer  offenen Kirchen einkehren, und werden von Orgelmusik begrüßt: dann bringt sich unser Organist Herr  Vahrenholt gerade beim Üben in Form für die langersehnte Wideraufnahme von Präsenzgottesdiensten….

Gebet:
Barmherziger Gott,
halt uns fest in diesen Zeiten: gib uns Halt.
Schenk uns Fassung.
Schenk uns Kraft.
Mach uns den Kopf frei und das Herz weit.
Hilf uns, miteinander Geduld zu haben.
Amen 

Grüß Gott! Ihre Pastorin Wortmann-Rotthoff