Ostern und die Häschenschule - Pfarrer Björn Thiel

Liebe Erwachsene, liebe Kinder,

vielleicht habt ihr heute Morgen auch schon Ostereier gesucht- und gefunden! Die bunten Ostereier - auch aus Schokolade, der Osterhase, die leuchtend gelben Osterglocken - all dies gehört ebenso zu Ostern wie die Auferstehungsgeschichte - der Schrecken, die Verwunderung darüber, dass das Grab leer ist - so wie wir es vorhin gehört haben.

Heute wollen wir mal gucken, was denn die Ostereier mit der Geschichte Gottes, mit der Geschichte von Ostern zu tun haben. Dazu werfen wir einen Blick in ein ganz bekanntes Kinderbuch: die Häschenschule. Worum es geht? Richtig, es geht um Hasen, die zur Schule gehen. Und so ist es irgendwann soweit: Der erste Schultag ist da! Fröhlich machen sich Hasengretchen und Hasenhans auf den Weg in die Häschenschule im Wald. Dort erwartet sie der alte Lehrer, um ihnen alles beizubringen, was ein richtiger Hase wissen sollte: Neben Pflanzenkunde, Gartenarbeit, Hakenschlagen und Geschichten über den gefährlichen Fuchs, lernen die Häschen natürlich auch das Wichtigste, was es überhaupt für einen Hasen zu lernen gibt.

"Seht, wie ihre Augen strahlen, wenn sie lernen Eier malen!

Jedes Häslein nimmt gewandt einen Pinsel in die Hand,

färbt die Eier, weiß und rund, mit den schönsten Farben bunt.

Wer´s nicht kann, der darf auf Erden nie ein Osterhase werden.

Tja, so ist das in dem Wald, wo die Häschenschule steht. Es scheint für einen normalen Feld-, Wald- und Wiesenhasen nichts Schöneres zu geben, als irgendwann einmal Osterhase zu werden. Ob er die Qualifikation dazu hat zeigt sich an entscheidender Stelle: Kann er Eier vernünftig bunt malen oder nicht? "Färbt die Eier, weiß und rund, mit den schönsten Farben bunt." Bunte Ostereier, sie liegen fast in jedem Osternest, viele Kinder haben heute Ostereier in verschiedensten Farben gesucht. Bunte Ostereier sehen aber nicht nur hübsch und nett aus, jede Farbe hat auch eine eigene Bedeutung:

So wie das blaue Ei. Blau steht für die Treue, das Gefühl von Beständigkeit und Sicherheit. Begriffe, die ganz viel mit Ostern zu tun haben. Ostern ist das Zeichen für die Treue Gottes, für die Geschichte Gottes mit den Menschen. "Der Bund und Treue hält ewiglich" Mit diesen Worten vergewissern wir uns oft am Beginn des Gottesdienstes der Treue Gottes. Darauf vertrauen wir, dass er Bund und Treue hält. Die Bibel erzählt von der Geschichte Gottes mit den Menschen, davon, wie er Wort und Treue hält. Wie er sich sein Volk erwählt, es geleitet und begleitet hat. Er hat mit ihm einen ewigen Bund geschlossen und bleibt seinen Verheißungen treu, damals und heute. Gott steht zu seinem Bund und erweist sich in der Geschichte mit dem Volk Israel als der Treue. Güte und Treue sind unverkennbare Eigenschaften Gottes. 

Die Treue Gottes setzt sich weiter fort: Im Leben, im Wirken und im Sterben seines Sohnes. In Jesus, im Gekreuzigten ist Gott zu uns gekommen, um uns nah zu sein, um seine Treue auch uns zu erweisen, die wir nicht zum Volk Israel gehören. 

Ostern ist die zentrale Station in der Treue Gottes. Ostern zeigt, dass Gott ein Gott des Lebens ist. Er ist nicht nur Herr über das Leben, sondern auch Herr über den Tod.  Er hat zu seinem Wort gestanden, seine Treue gezeigt, als er Jesus am Ostermorgen von den Toten auferweckte. Und vor diesem Hintergrund können wir uns sicher sein, dass er "Bund und Treue hält und niemals das Werk seiner Hände preisgibt."

Dann habe ich hier ein rotes Ei. Völlig klar, was das heißen soll: Rote Herzen, rote Rosen...alles, was rot ist, steht für das Stärkste, für das Intensivste, manchmal aber auch das verletzlichste aller Gefühle, die Liebe! 

Gott selbst ist die Liebe, so sagt es die Bibel. Gott bleibt seinen Verheißungen treu, er liebt seine Schöpfung, er liebt seine Welt. Darum kann er sie nicht in Ruhe lassen. Ich möchte an dieser Stelle die Liebesgeschichte Gottes mit seiner Schöpfung, mit den Menschen mit den Worten eines Liedes zusammenfassen. 

Dort heißt es:

Gott liebt diese Welt, und wir sind sein eigen. 

Wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen: Gott liebt diese Welt.

Gott liebt diese Welt. Er rief sie ins Leben. 

Gott ist´s, der erhält, was er selbst gegeben. Gott gehört die Welt.

Gott liebt diese Welt. Feuerschein und Wolke, 

und das heilge Zelt sagen seinem Volke: Gott ist in der Welt.

Gott liebt diese Welt, ihre Dunkelheiten hat er selbst erhellt,

im Zenit der Zeiten kam sein Sohn zur Welt.

Gott liebt diese Welt. Durch des Sohnes Sterben 

hat er uns bestellt zu des Reiches Erben. Gott erneut die Welt.

Gott liebt diese Welt. In den Todesbanden keine Macht ihn hält, 

Christus ist erstanden: Leben für die Welt.

In diesen Zeilen ist alles Wesentliche enthalten. Sie zeigen, dass die Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen nicht aufhört.

Rot steht aber noch für anderes, es ist die Farbe des Blutes. Im jüdischen Glauben ist das Blut der Sitz des Lebens. Auch wir wissen, das Blut in unserem Körper ist lebensnotwendig, es hält uns am Leben. Rot ist somit die Lebensfarbe. An Ostern hat das Leben über den Tod gesiegt: 

Als nächstes Ei habe ich hier ein gelbes. Gelb, wie Osterglocken, sonnengelb. Ostern ist ein Sonnenaufgang nach durchwachter und durchweinter Nacht. Wenn die Sonne aufgeht, beginnt ein neuer Tag. Das Morgengrauen verschwindet und mit ihm auch die Ungewissheit. Nach der Sabbatruhe können die Frauen endlich zu dem Felsengrab gehen und den Leichnam Jesu mit wohlriechenden Ölen und Salben einreiben. Sie kommen ganz früh am Morgen zum Grab und wissen nicht, was sie dort erwartet. Sie wissen nicht, wie sie den schweren Stein wegrollen können, um in das Grab hinein zu können. Sie erschrecken sich und haben Angst, als sie Jesus nicht finden können, als das, was ihnen noch geblieben war, verschwunden ist. Doch mit dem Sonnenaufgang erscheint alles in einem anderen Licht. Der Lebendige ist nicht bei den Toten zu finden. 

Ostern ist ein Sonnenaufgang nach durchwachter und durchweinter Nacht. An diesem Morgen, mit diesem Sonnenaufgang hat sich alles verändert. Die Trauer ist der Freude gewichen, das Grau dem leuchtendem Sonnengelb. 

Das grüne Ei steht für das größte Ostergeschenk: die Hoffnung. Zuerst für die Menschen damals, die mit Jesus unterwegs waren. Die Geschichte von und mit Jesus von Nazareth war nicht einfach mit seinem Tod zu Ende; sie ging weiter - sie geht noch immer weiter. Das Leben siegt über den Tod. Gott hat den mächtigen Steinbrocken, der für immer besiegeln wollte, dass die Mächte des Todes das Schlusswort sprechen, weggewälzt. Er zeigt: die Mächte des Lebens sind stärker, die Mächte des Todes müssen weichen. 

Darauf hoffen und vertrauen wir. Dass die Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen auch mit dem Tod nicht zu Ende ist, dass der Tod nicht das letzte Wort haben wird, sondern Gott selbst. 

Ostern zeigt uns, dass Gott diese Welt nicht aufgegeben hat und sie nicht aufgeben wird. Ostern zeigt uns, dass wir hoffen dürfen. 

Hier habe ich nun das letzte Ei. Es ist weiß. Eigentlich ein ziemlich unscheinbares Osterei. Weiß ist gar keine richtige Farbe, aber es enthält Anteile aller anderen Farben in sich. Licht ist weiß, weiß und hell. Das weiße Ei steht für das Licht, das an Ostern in die Dunkelheit eingebrochen ist. Aus der Finsternis bricht ein Weg zum Leben. Die Tage der Trauer sind vorbei, Neues bricht an, es wird wieder hell. Blau, Rot, Gelb, Grün - alles ist im weißen Licht enthalten. Treue und Liebe Gottes, Sonnenaufgang und Hoffnung: Das alles macht Ostern aus. Das alles ist in dem [weißen] Licht zusammengefasst

Jesus hat einmal gesagt: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben. 

Und dieses Licht, das die Welt so hell gemacht hat und macht, ist mit dem Tod nicht verloschen, sondern leuchtet am Ostermorgen umso heller. 

"Färbt die Eier, weiß und rund, mit den schönsten Farben bunt!", so hieß es in der Häschenschule. An Ostern muss es bunt zugehen. Ostern muss in den verschiedensten Farben schillern: Blau, Rot, Gelb, Grün und auch Weiß!

Ich wünsche uns allen, dass wir die Farbenpracht erkennen und uns daran freuen können. So strahlt das Licht von Ostern umso heller.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

AMEN