Andacht "Trost gegen die Furcht" - Pfarrer Björn Thiel

Liebe Gemeinde,

es sind wirklich schwierige und turbulente Zeiten – Bei vielen wächst die Angst, was noch auf uns zukommt, bei vielen wachsen Vorsicht und Bemühen, sich und andere zu schützen und zu unterstützen. Bei manchen wächst leider auch die Unvernunft – zumindest bis in die letzten Tage hinein. Vor einigen Tagen war zu lesen, dass sich Gäste geweigert haben, die Insel Sylt zu verlassen. Davon erzählt der Bürgermeister einer Zeitung im Telefoninterview (SPIEGEL-online 18.3.2020). Dafür haben sie eigenwillige Argumente. Sie hätten schließlich bezahlt sagen sie – na ja. Aber dann entdecken sie auch noch die Mediziner in sich und sagen: In der frischen Seeluft sei eine Ansteckung bestimmt unmöglich. Was sie dabei nicht sagen: Sie sind auch beim Hotelfrühstück; in Geschäften und womöglich in Lokalen. Vermutlich wollen sie einfach die Anweisung der Inselverwaltung nicht befolgen. In ihrem Leichtsinn vergessen sie: Die Insel wäre gar nicht in der Lage, genug Krankenhausbetten zur Verfügung zu stellen. Zugleich hören wir von sogenannten „Coronapartys“ und allerlei nächtlichen Treffen in Parks – gedankenlos und gefährlich – zumindest für die Menschen, die in unserer Gesellschaft am meisten Schutz brauchen.

Es ist eine seltsame Sache mit dem Leichtsinn. Auf der einen Seite behauptet man sich, dass einem nichts passieren wird. Auf der anderen Seite missachtet man, dass man andere Menschen anstecken könnte. Das haben manche nicht im Blick. Das ist, um es vorsichtig zu sagen, schwer nachzuvollziehen. Wem angeblich nichts passiert, der kann auch nichts auslösen – das ist eine höchst eigenwillige Logik.

Diese Logik muss man nicht verstehen, aber bekämpfen muss man sie – wenn wir der Mehrzahl der Experten Gehör schenken. Viele meinten in den letzten Tagen schon, unser Land käme um eine Ausgangssperre nicht mehr herum. – jetzt haben wir die Kontaktsperre in unserem Bundesland. Gerade erleben wir Wochen und Monate der Verunsicherung und der Angst, das ist offensichtlich und schlimm. Und niemand kann zu uns kommen und uns sagen: „Fürchtet euch nicht!“ Doch, viele haben Angst - um sich selbst und um ihre Liebsten. Hundertausende bekämpfen mit ihren medizinischen Mitteln einen Gegner, den sie kaum oder gar nicht kennen. Wir wissen noch nicht einmal, wann und ob alles „wieder gut“ wird. Wir fühlen uns ausgeliefert.

Nur eins wird uns helfen, diese Wochen zu überstehen: dass uns jemand tröstet. Eine Frau erzählt von einer Krankenschwester, die immer sagt, was viele jetzt sagen: „Passen Sie bitte auf sich auf!“ Aber w i e sie es sagt. Mit einer Wärme und Herzlichkeit, dass die Patientin sich am liebsten in die Worte hineinlegen würde wie in ein Nest.

Wenn wir uns ausgeliefert fühlen und selbst wenig aktiv tun können, gibt es doch Trost. Diese menschlichen Engel bleiben, damit auch sie uns behüten auf allen unseren Wegen. Wir werden sie auch erkennen - und wir erfahren sie in der Zuwendung, die sie uns schenken und die wir an andere weitergeben können. Unsere Zuwendung, unser Trost sind es, die von Gottes Trost und Zuneigung gespeist werden. – gerade jetzt!

„Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ – so will Gott uns alle trösten.

Björn Thiel