Predigt 2. So. nach Epiphanias - Pfarrer Björn Thiel (17.01.2021)

Predigttext: Johannes 2,1-11  1 Zwei Tage später fand in Kana, einer Ortschaft in Galiläa, eine Hochzeit statt. Die Mutter  Jesu nahm daran teil, 2 und Jesus selbst und seine Jünger waren ebenfalls unter den Gästen.  3 Während des Festes ging der Wein aus. Da sagte die Mutter Jesu zu ihrem Sohn: »Sie haben  keinen Wein mehr!« 4 Jesus erwiderte: »Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich  zu tun habe? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.« 5 Da wandte sich seine Mutter zu den  Dienern und sagte: »Tut, was immer er euch befiehlt!« 6 In der Nähe standen sechs steinerne  Wasserkrüge, wie sie die Juden für die vorgeschriebenen Waschungen benutzen. Die Krüge  fassten jeder zwischen achtzig und hundertzwanzig Liter. 7 Jesus befahl den Dienern: »Füllt  die Krüge mit Wasser!« Sie füllten sie bis zum Rand. 8 Dann sagte er zu ihnen: »Tut etwas  davon in ein Gefäß und bringt es dem, der für das Festessen verantwortlich ist.« Sie brachten  dem Mann ein wenig von dem Wasser, 9 und er kostete davon; es war zu Wein geworden. Er  konnte sich nicht erklären, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser gebracht  hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam 10 und sagte zu ihm: »Jeder andere bietet seinen  Gästen zuerst den besseren Wein an, und wenn sie dann reichlich getrunken haben, den  weniger guten. Du aber hast den besseren Wein bis zum Schluss zurückbehalten!« 11 Durch  das, was Jesus in Kana in Galiläa tat, bewies er zum ersten Mal seine Macht. Er offenbarte  mit diesem Wunder seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.

Endlich! Endlich ein Predigttext, der uns einmal auf andere Gedanken bringen kann  und uns von Corona erholen lassen will. Man begeht Hochzeit, hier ist man  ausgelassen, isst und trinkt in großer Runde, Menschen ganz vieler Haushalte und  auch von weiter Ferne treffen sich, umarmen sich, tanzen, singen, sind fröhlich und  feiern die Liebe und das Leben. Hier drücken keine Infektionszahlen aufs Gemüt,  keine Sterbefälle machen uns traurig, hier schränken uns keine Vorschriften ein, hier  ist es so, wie wir das Leben vor Corona gekannt und genossen haben. Und Jesus ist  mittendrin! Auch er feiert und lacht, von der Bürde seiner Aufgabe ist hier nichts zu  spüren, scheinbar so nebenbei und aus purer Lebenslust geschieht hier ein Wunder:  Wasser wird zu Wein – wohlgemerkt nicht umgekehrt, wo in unserem Alltag doch zu  oft aus Sekt Selters wird und uns die gute Laune verdirbt. Nein, hier bleibt es beim    Feiern! Weil der König der Könige, der Herr aller Herren, weil der Heiland, der  Christus, der Menschen Sohn feiern will …

Genießen wird diesen Moment! Lassen wir uns für eine kurze Zeit entführen an  diesen unbeschwerten Ort und in diese unbeschwerte Zeit. Beides ist uns so kostbar  geworden. Denn viele unter uns sind angeschlagen, auch wenn sie nicht an Covid-19  erkrankt sind. Der nun länger andauernde Lockdown, das Distanzwahren, die  ständigen Warnungen und Hiobsbotschaften der Epidemiologen, die immer neuen  Forderungen der Politiker nach diesen oder jenen Maßnahmen … all das, das dürfen  wir ruhig zugeben, macht mürbe und hat uns müde gemacht. Nicht wenige fallen  dabei sogar in ein seelisches Loch, werden depressiv und benötigen professionelle  Hilfe. Aber auch wenn wir den Alltag ganz gut meistern und uns nicht unterkriegen  lassen: Die vergangenen Wochen und Monate haben wohl bei allen Wirkung gezeigt.  Klar, endlich gibt es einen Impfstoff, jetzt sogar zwei und bald wohl auch mehr. Aber  es dauert trotzdem seine Zeit, bis er uns erlaubt, wieder ein mehr oder weniger  normales Leben führen zu können. Bis dahin müssen wir uns noch gedulden … und  das fällt vielen nicht mehr so einfach wie vielleicht noch im Frühjahr.

Wir kennen ja das Gefühl, wenn einem der Stoff zum Feiern ausgeht, so wie der Wein  in der Geschichte. Eine Peinlichkeit für den Bräutigam und ein großes Problem für die  Diener, die dafür Sorge zu tragen haben, dass die Gäste bei Laune gehalten werden.  Kein Wein, keine Stimmung, keine Feier – Ärger für die Angestellten. So einfach ist  das. Und so schnell kann das gehen. Eben noch steht man mitten im Leben, spaziert  auf seiner Sonnenseite … und auf einmal geschieht etwas, das niemand  vorhergesehen und womit keiner gerechnet hat. Und dann ist guter Rat teuer. Wir  alle haben so etwas schon erlebt, die einen mehr, die anderen weniger, es gehört  einfach dazu. Niemand kann sich dem entziehen oder solche Ereignisse ausschließen.  Und dann? Dann ist es erst einmal gut, wenn Menschen da sind, denen dieses  Problem überhaupt auffällt. So wie Maria mitbekommt, dass der Wein ausgeht. Sie  versucht zu helfen, ohne dass der Bräutigam die Peinlichkeit mitbekommt und die  Diener für diese Nachlässigkeit zur Verantwortung gezogen werden müssen. Das ist    ein Geschenk, wenn jemand in der Nähe ist, der Acht gibt, der bei aller  Ausgelassenheit auch auf die Dinge im Hintergrund ein Auge wirft – und dann einfach  versucht eine Lösung zu finden.

Kennen wir solche Menschen in unserer Nähe? Es muss ja nicht immer die Mutter  sein: Verwandte, Freunde, Nachbarn … manchmal aber auch wildfremde Menschen  können das sein. Es sind jene, die dafür sorgen, dass es weiter geht, dass das Leben  nicht still steht, dass es immer noch Grund zum Feiern gibt. Und ja, manchmal grenzt  so etwas auch an ein Wunder, weil man es sich nicht erklären kann, warum dies oder  jenes zum Guten gewendet wurde. Im Nachhinein nennen wir solche Menschen oft  Engel, in Wort und Tat Verkünder einer Botschaft, die uns nicht verzweifeln lässt,  sondern Hoffnung macht. Bei allen Schwierigkeiten und Problemen, die das Corona-  Virus verursacht hat: Wir durften und dürfen immer noch auch vieles erleben, dass  uns hilft, diese Krise zu überwinden. So wie Jesus damals bei der Hochzeit zu Kana  dafür gesorgt hat, dass die Ausgelassenheit und Fröhlichkeit und das Feiern kein Ende  findet. Das sollte uns doch zuversichtlich stimmen! Umso mehr noch, als ja diese  Geschichte natürlich über sich hinausweist. “Du aber hast den besseren Wein bis zum  Schluss zurückbehalten!” Ist die Hochzeit eine Allegorie auf unser Leben und unsere  Verbindung mit Gott, dann dürfen wir gewiss sein, dass das Beste noch kommt.

Amen