Andacht zum 2. Sonntag n. Ostern - Misericordias Domini - Diakon Detlef Adams

Liebe Gemeinde,

der zweite Sonntag nach Ostern heißt seit alters her >> Misericordias Domini >> die Barmherzigkeit des Herrn, oder frei übersetzt >> das menschenfreundliche Erbarmen Gottes, oder >> das weiche Herz Gottes.

Das Bild von Jesus als dem guten Hirten prägt diesen Sonntag. Eines der schönsten Bilder das die Bibel für Jesus den Sohn Gottes hat.


Der Herr ist mein Hirte, so heißt es im Psalm 23. Vielen von uns bekannt. Selbst im Konfirmandenunterricht wird dieser Psalm heute noch auswendig gelernt und als Konfirmationsspruch wird er häufig und gern von den Konfirmand*innen ausgewählt. 


Gott ist wie ein guter Hirte zu uns, wie ein guter Hirte, der die Seinen kennt, der sein Leben einsetzt für die Seinen, der uns nachgeht bis in die finstersten Winkel, der uns sucht, wo immer wir uns auch aufhalten, wo immer wir uns auch versteckt oder verirrt haben. Der Herr gibt keinen auf, jeder Einzelne von uns liegt ihm am Herzen.


Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue. 


Er ist der wahre gute Hirte, ganz menschlich, ganz greifbar, ganz nahe. Er ist der, der tröstet, der uns weiterhilft, der unser Leben begleitet.


Gott sucht den Menschen.

Im Leben des Jesus von Nazareth, den wir als Gottes Sohn bekennen, hat er uns dies in eindrücklicher Weise vor Augen gestellt.

1. Petrus 2, 21-25

21 Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen;

22 er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;


23
der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet;


24
der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.


25
Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.


Ihr wart wie Schafe, die sich verlaufen haben; jetzt aber seid ihr auf den rechten Weg zurückgebracht worden und folgt dem Hirten, unter dessen Schutz ihr steht." Mit diesen Worten spricht der Apostel Menschen an, die gerade Christen geworden waren. Menschen, deren Leben eine Wende genommen hat. Nicht sie haben sich gewendet, sondern Christus hat sich ihnen zugewandt. Das war jedem einzelnen in seiner Taufe zugesagt worden.


Christus hat auch unser Leben gewendet und doch leiden auch wir an so vielen Stellen. Es sind ganz alltägliche Probleme, die uns leiden lassen. Und die uns dann auch in Glaubenskonflikte bringen. Leiden, das uns wirklich betrifft sind die Krankheit, die uns Sorgen bereitet, die Einsamkeit nach dem Tod eines Lebensgefährten, der Verlust der Heimat, der Ehekonflikt. Wir leiden unter dem Erfolgsdruck in Schule und Beruf.


Und blicken wir über unseren Lebensbereich hinaus in die Welt, dann schreit das Leid in diesen Tagen vielerorts. Hunderttausende Menschen rund um den Erdball leiden unter der Pandemie. Unser Leben ist gezeichnet vom Leid und vom Tod, auch wenn wir es so gern verdrängen, weil es eigentlich nicht hineinpasst in eine Spaß- und Leistungsgesellschaft.

Wie schnell sind wir dann dabei, wenn es uns ganz persönlich trifft, Gott Vorwürfe zu machen, weil wir uns von ihm verlassen fühlen. 


Der Sonntag vom guten Hirten, der uns von der Menschenfreundlichkeit Gottes erzählt, will uns daran erinnern. Der gute Hirte lässt seine Schafe auch im Leid nicht allein. 


Er hat nichts Unrechtes getan; nie hat jemand von ihm eine Lüge gehört. Wenn er beleidigt wurde, antwortete er nicht mit einer Beleidigung. Wenn er leiden musste, stieß er keine Drohungen aus, sondern setzte seine Hoffnung auf Gott, den gerechten Richter. Und das alles bündelt sich in dem schönen Bild: Christus hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Fußspuren folgt, oder wie Luther es übersetzt hat: damit ihr in seine Fußstapfen tretet.


In die Fußstapfen Christi treten heißt nicht ihn nachahmen. In die Fußstapfen Christi treten heißt aber, ihm zu folgen, auch in den Leidensphasen meines Lebens. Das heißt, auch im Leid, den Blick nicht von ihm abzuwenden, denn er hat ja auch für mich gelitten.


Leidensbewältigung geschieht in der Leidensnachfolge. Im Blick auf das Kreuz sehe ich einen sterbenden, einen leidenden Christus, aber einen, der mich in meinem Leid nicht allein lässt.


Gottes Weg ist anders: Er kommt als der Ohnmächtige zu uns Ohnmächtigen, als der Leidende zu uns Leidenden. Einmal, um uns als Vorbild vor Augen zu stehen, aber auch, um uns abzuholen und zu begleiten auf dem Weg dorthin, wo Hass und Gewalt aufhören, wo es keinen Schmerz und kein Leid mehr gibt.


Amen.


Gebet:

Guter Hirte Jesus Christus, deinen Spuren lass uns folgen Wir beten in diesen Wochen für alle, die durch die Corona-Krise besonders bedroht, betroffen und beansprucht sind: für sog. Risikogruppen, für Mediziner*innen und Pflegekräfte, für Betreuende von alten Menschen und Behinderten. Wir danken für die Einsatzbereitschaft, die sich in vielen Bereichen zeigt, in der Versorgung, in den Nachbarschaften, für die geweckte Phantasie, Hilfe zu bieten. Wir danken für Rücksicht, Verantwortung und Achtsamkeit im öffentlichen Leben, für maßvolle Entscheidungen in der Politik. Wir danken mit allen Genesenden. Wir gedenken aller Verstorbenen und derer, die um sie trauern. 


Wir rufen dich an: Herr, erbarme dich unser.


Wochenlied: EG 274 ( Der Herr ist mein getreuer Hirt …)


Wochenpsalm: Psalm 23